Knut Cordsen,
der Kultur-Conaisseur
Als kluger und vielfältig interssierter Kenner ist er ein gefragtes Jurymitglied (Bayerischer Buchpreis, Deutscher Buchhandlungspreis), liebt Sprache
Du bist jetzt Juror beim Deutschen Popliteraturpreis. Werden wir dadurch seriöser oder wirst du dadurch unseriöser?
Wir haben den Preis gegründet, weil wir keine Lust mehr auf Mittelmaß, Moden und en vogue-Themen hatten. Wie sorgst Du als Juror dafür, dass wir nicht in dieselbe Falle tappen?
Geht Dir die deutsche Vorliebe für Innenschau und die Annahme, das Seelenleben des Einzelnen müsse alle interessieren, genauso auf die Nerven wie uns?
Popliteratur ist nicht nur die historische Strömung um Kracht, Hennig von Lange oder Nickel, sondern vor allem eine Schreibweise, die lesbare, experimentelle und auf mehreren Ebenen genießbare Texte hervorbringt – eine Form, die längst allgegenwärtig ist und doch unterschätzt bleibt. Wir wollen Popliteratur auszeichnen, profilieren und im Kanon der Gegenwartsliteratur etablieren. Wie, glaubst Du, könnte die Popliteratur von heute aussehen?
Worauf wirst Du bei den eingesendeten Texten besonders schauen?
Du liest als Kritiker viel Gegenwartsliteratur. Was ist für dich der Sound unserer Zeit, und wie schlägt er sich in Texten nieder?
Welche Sätze sind für Dich die hässlichsten – und welche die schönsten –, die Du je gelesen hast?
Stell dir vor, du dürftest eine literarische Figur auf ein Popkonzert mitnehmen. Wen würdest du wählen? Wen würdet Ihr zusammen sehen?
Im besten Fall profitieren beide Seiten davon. Seriös zu sein, ist wichtig. Nicht minder wichtig aber scheint es mir, nervös zu sein und sein Leben lang zu bleiben. Robert Walser hat darüber ein schönes Feuilleton geschrieben.
Indem ich meinen eigenen, selbstgestellten Regeln in der Beurteilung von Literatur folge.
Ich fürchte, das ist ein Klischee. Oder ein kaum beachteter Exportschlager des einstigen Exportweltmeisters Deutschland: Introspektion ist unter Literaten weltweit beliebt.
Eure Frage beinhaltet schon die Antwort. Ich ergänze als alter Anhänger Jacques Lacans nur noch angeberisch das Wort "jouissance". Jeder googele selbst, was er damit meinte.
Ein Punkt, der mir in der Literatur wahnsinnig wichtig ist: korrekte Rechtschreibung.
Ach, "Der Klang der Zeit", so heißen doch nur dickleibige amerikanische Romane. Ich bin ein Freund der Polyphonie und schrecke deshalb davor zurück, die vielen unterschiedlichen Stimmen, die es in der Gegenwartsliteratur gibt, auf einen Nenner bringen zu wollen. Das ist so ein Journalistensport, immerzu irgendwelche Strömungen oder Trends erspüren zu wollen. Mittlerweile muss ich selbst lachen, wenn ich "Bei drei ist es ein Trend" sage.
Mit dem Hässlichen will ich mich gar nicht lang aufhalten. Ich bin fürs Schöne: "Never say you know the last word about any human heart!" (Henry James, "Louisa Pallant"). Darf man meiner Meinung nach nur im englischen Original zitieren.
Ich gestehe: Ich gehe nahezu nie auf Konzerte. Disqualifiziere ich mich damit als Juror?